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Pfarrer Markus Söffge - Predigt am 2. Advent 2021
Pfarrer Markus Söffge - Predigt am 2. Advent 2021
# Impulse
Pfarrer Markus Söffge - Predigt am 2. Advent 2021
2. Advent - 10.12.2017 –
Jes 63 – Gott, schau nun vom Himmel herab
„Die Weihnachtsfeier muss leider abgesagt werden.“
„Nein, das Konzert kann dieses Jahr nicht wie geplant stattfinden.“
„Was, die haben sich auch angesteckt?“
„Das nächste Treffen machen wir besser über ZOOM.“
„Jetzt muss für Weihnachten wieder alles umgeschmissen werden.“
„Das ist so frustrierend.“
Diese und ähnliche Sätze habe ich in den vergangenen Tagen öfter gehört und selbst gesagt. Und ich weiß nicht, liebe Gemeinde, wie es euch geht. Aber ich kann für mich sagen: In diesem Jahr fällt es mir noch schwerer, als im vergangenen Jahr, dass die Advents- und Weihnachtszeit von Corona überschattet und bestimmt wird, und das, obwohl mehr erlaubt ist, als letztes Jahr. Aber im vergangenen Jahr konnten wir uns früher darauf einstellen und dachten, wir haben es mit dem einen Mal überstanden; dieses Jahr war ich noch im Herbst hoffnungsvoll –ja, allen Aussagen der Virologen zum Trotz, ich gebe es zu- und nun sieht es wieder so schlecht au Ich merke, dass mir der Mut sinkt und die Ideen ausgehen.
Ich weiß nicht, woher ich dieses Jahr die Zuversicht nehmen soll. Und ich erlebe, dass es vielen anderen auch so geht. Da hilft kein Lichterglanz und kein Glühwein.
Aber vielleicht der heutige Predigttext.
Denn wenn uns das „Ach…“ eher über die Lippen geht als das „Freut euch ihr Christen…“ - dann geht es uns so, wie dem Volk Israel zur Zeit des Propheten Jesaja.
Ihre Lage war ernst, es drohte die Eroberung Jerusalems, mit allen ihren schrecklichen Folgen. Angst und Sorgen machten sich breit. Und der Klageruf wurde lauter: „Wo ist Gott? Ist ihm da Schicksal seines auserwählten Volkes egal?“
Im 63. Kapitel klingen die Worte so:
„Gott, schau nun vom Himmel und sieh herab.
Wo ist nun dein Eifer und deine Macht?
Deine große Barmherzigkeit hält sich hart gegen uns.
Du, Herr, bist doch unser Vater!
„Unser Erlöser“, das ist von alters her dein Name.
Warum lässt du uns abirren von deinen Wegen?
Wir sind geworden wie solche, über die du nie herrschtest,
wie Leute, über die dein Name nie genannt wurde.
Ach dass du den Himmel zerrissest und führest herab!
Kein Ohr hat gehört, kein Auge hat je gesehen einen Gott außer dir,
der so wohl tut denen, die auf ihn harren.“
Was für ein Ruf. Alte Worte, die mir heute aus der Seele sprechen.
Mancher mag meinen, dieser Text passt nicht zum besinnlichen Advent und wünscht sich eine andere Botschaft, die erbaut, die etwas vom Lichterglanz und freudiger Erwartung aufnimmt. Aber es ist vielleicht genau anders herum.
Denn die sich wütend, klagend, verzweifelt, traurig an Gott wenden, die sein Fernbleiben vermissen, sein Kommen und seine Hilfe erbitten und ersehnen, tragen die Hoffnung in sich. Und sie klagen nicht in der dritten Person, sondern rufen Gott persönlich und direkt an: „Gott, so schau (du) nun vom Himmel und sieh herab, wo ist dein Eifer, deine Macht.“ Und sie klagen nicht an, sondern sie be-klagen: „Warum lässt du uns abirren von deinen Wegen?“ Wissend, dass es doch fast immer UNSERE Entscheidung ist, welchen Weg wir gehen. In klarer Erkenntnis, dass WIR es sind, und nicht Gott, die Not und Leid über andere bringen. Und erleben, dass der liebe Gott – ganz anders kann: "Wir sind geworden wie solche, über die du nie herrschtest, wie Leute, über die dein Name nie genannt wurde.“
Ihre Not und ihre Klage hat die Israeliten in ihrem Glauben nicht von Gott entfernt, sondern sie bringt sie wieder nah zu ihm. Und so ist ihr Mund nicht nur voller Klage, sondern ihr Herz ist voller Sehnsucht: Du, Herr, bist doch unser Vater! „Unser Erlöser“, das ist von alters her dein Name. -sagen sie, und: „Ach, Ach dass du den Himmel zerrissest und führest herab! –nicht um zu richten und zu strafen, wie es verdient wäre, sondern in der Hoffnung: Kein Ohr hat gehört, kein Auge hat je gesehen einen Gott außer dir, der so wohl tut denen, die auf ihn harren.“
Was für ein tiefes Sehnen auf Gottes Kommen spricht aus diesen Worten. Diese Worte erreichen mich, sprechen mich an. Hier kann ich einstimmen: „Komm, Gott, du Trost der Welt.“
Und zu hören, dass andere in ihrer Not nicht den Mut verloren haben, macht mir Mut. Und hilft mir, selbst zu versuchen, in Worten und Taten spürbar, lebendig werden zu lassen, was Gottes Kommen mir bedeutet. Es ist eine adventliche Aufgabe, zu der ich uns gemeinsam ermutige. Wer klagt, -nicht einfach nur jammert- dem will ich mein Ohr schenken, wer trauert – die werde ich zu trösten versuchen, wer einsam ist, den will ich nicht alleine lassen und wer hofft und ersehnt, deren Hoffnung und Sehnen will ich stärken.
Deshalb habe ich den Predigttext von heute zum Mitnehmen abgedruckt. Wenn es ihnen guttut, behalten sie ihn für sich, und wenn sie Menschen treffen, vielleicht besuchen, denen es wie den Israeliten damals geht, verschenken sie den Text. Es muss noch nicht der große Lichterglanz sein, es genügt nach und nach ein Licht zu entzünden.
Oder sie nehmen nachher am Ausgang noch diesen Text von Arno Schmitt mit, der seine Gedanken dazu in folgendes Bild gefasst hat:
„Wenn ich malen könnte,
würde ich ein kleines Haus malen
hoch droben auf dem Berg.
Mit ganz viel Dunkel, Kälte und Sturm
und wenig Aussicht zu bestehen.
Und mitten hinein
würde ich einen Punkt setzen –in leuchtendem Gold.
Und mein Bild überschreiben: „Fürchte dich nicht!“
„Fürchtet euch nicht! Seht auf! Hebt euren Kopf. Gott bleibt nicht im Himmel – und wir auf der Erde, sondern Gott ist hinabgestiegen in unsere Welt mit allen ihren Finsternissen. Und er kommt, um bei uns zu wohnen.
Noch sind wir auf dem Weg, noch ist uns der Klageruf vielleicht näher, als der Freudenjubel, doch Gott ist nicht fern von uns. Das halte ich fest. Daraus schöpfe ich in aller Ungewissheit Mut. AMEN
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