Pfarrer Markus Söffge - Was uns trägt und was uns aufgetragen ist - Konfirmationen 2023

Pfarrer Markus Söffge - Was uns trägt und was uns aufgetragen ist - Konfirmationen 2023

Pfarrer Markus Söffge - Was uns trägt und was uns aufgetragen ist - Konfirmationen 2023

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Pfarrer Markus Söffge - Was uns trägt und was uns aufgetragen ist - Konfirmationen 2023

Predigt zu den Konfirmationen am 29. und 30. April 2023

über den Altarvers Johannes 14,6

Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben, niemand kommt zum Vater, denn durch mich.


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. AMEN


Liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden, liebe Eltern und Familien,

liebe Festgemeinde!

Wer von ihnen weiß noch seinen / ihren den Konfirmationsspruch? - Keine Angst, niemand muss jetzt aufzeigen oder sich outen. Aber schön wäre es schon, wenn es viele gäbe, die den noch wissen.

Und noch schöner wäre es, wenn sich erfüllt hätte, was sie damals mit diesem Bibelwort an Wünschen, an Zuspruch, an Ermutigung und Wegweisung verbunden haben. Wenn der Spruch sie durch ihr Leben begleitet und sogar getragen hat.  

Ganz früher wurden die Sprüche noch zugeteilt - die Erfahrungen damit waren sehr unterschiedlich - seit vielen Jahren suchen sich die Konfirmand:innen ihren Spruch selbst aus. Das geschieht bei manchen spontan oder auch mit Blick zur Seite: „Welchen nimmst Du denn?“ Andere haben sich viele Gedanken gemacht, vielleicht mehrere Bibelverse gehabt und überlegt, welches der passende ist, haben vielleicht auch in der Familie über diese Worte gesprochen. So oder so, es ist kein Zufall, welchen Spruch ihr ausgewählt habt.

Und die Verse sind, denke ich, nicht nur eine ganz persönliche Wahl, sondern sie spiegeln auch wieder, was ihr von den Eltern, der Familie und auch im vergangenen Jahr beim KU für euren Glauben gelernt und mit auf den Weg bekommen habt. Sie zeigen, was Anderen wichtig ist für EUCH und was EUCH wichtig ist. Es ist schön, dass die meisten Worte von eurem Vertrauen in Gott sprechen, davon was ihr euch für diesen Tag und für euer Leben von Gott wünscht: Bestärkung im Glauben, Zuspruch, Ermutigung, Orientierung und Beistand.

Wahrscheinlich werden gleich einige eurer Verse, die ich vorlese, von anderen als IHRE Sprüche wiedererkannt; auch das ist schön, denn es zeigt, wie sehr Bibelworte über viele Generationen hinweg verbinden und tragen.  Und hoffentlich wird es nicht das letzte Mal sein, dass ihr euch zu einem besonderen Anlass einen Bibelvers überlegt.

Manchmal braucht es allerdings Bibelworte, die nicht nur persönlich sind, sondern die ein Bekenntnis oder einen Protest formulieren und damit ein klares Zeichen setzen.

Ein solcher Bibelvers findet sich hier vorne in der Kirche auf dem Altar.

Dass ein Altar mit einem Bibelwort beschriftet wird, das alleine ist schon ungewöhnlich, aber hier steckt - wie einige von uns wissen - noch mehr dahinter. Es sind Worte von Jesus aus Johannes 14, Vers 6. Da sagt Jesus: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben, niemand kommt zum Vater, denn durch mich.“

Jesus hat diese Worte in einer besonderen Situation gesprochen, als er schon weiß, dass er Abschied nehmen muss. Die Jünger:innen wissen es noch nicht und so versucht Jesus ihnen Mut zu machen, Hoffnung und Orientierung zu geben: Wenn ihr euch an mich haltet, dann werdet ihr euren Weg finden und die Wahrheit und das Leben.

Dass allerdings ausgerechnet DIESER Vers hier vorne zu lesen ist, hat auch etwas damit zu tun, wann diese Kirche „eingeweiht“ wurde, nämlich 1935. Zu der Zeit war Adolf Hitler schon einige Jahre an der Macht und er versuchte schon früh, die Christen für seine nationalsozialistischen Gedanken zu vereinnahmen.

Die Deutschen Christen – wie sich die hitlertreuen Christen damals nannten, hatten schon 1934 geschrieben: „In Hitler ist die Zeit erfüllt für das Deutsche Volk. Denn durch Hitler ist Christus, Gott der Helfer und Erlöser unter uns mächtig geworden.“

Gegen dieses Gedankengut, die Verdrehung von Glaubensgrundlagen und die Stilisierung Hitlers als Heilsbringer, hat sich 1934 Widerstand geregt. Auf einer wichtigen Synode – also der Zusammenkunft von Pfarrern und Laien des Kirchenkreises - in Wuppertal Barmen, wurde die sogenannte Barmer Theologische Erklärung verfasst. Sechs Thesen, in denen die Synodalen nach langem Ringen IHRE Position und IHREN Widerstand gegenüber den Aussagen der Deutschen Christen klar formuliert haben.

Dieses Bibelwort aus Johannes steht über der besonders wichtigen ersten These. Dass es hier am Altar aufgeschrieben wurde zeigt, dass sich hier in Rellinghausen Menschen klar positioniert haben und das war nicht selbstverständlich. Es ist ein Bekenntnis und eine Orientierung gegen Zeitgeist, politische Vereinnahmung und die Versuche, ein arisches Christentum durchzusetzen.

Wir leben in einer anderen Zeit, aber leider finden sich auch heute immer stärker ähnliches Gedankengut, das sich im Internet, in Kurznachrichten-diensten und der Propaganda rechtsgerichteter, fremdenfeindlicher und homophober Menschen und Parteien ausbreitet.

Dagegen, wie gegen jede Form von Rassismus, Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit, ideologischen Herrschaftswahn, Weltherrschaftsphantasien und Despotismus, gegen Herabsetzung oder Entwürdigung anderer, die Stimme als Christinnen und Christen zu erheben, dazu fordert uns dieses Bibelwort gerade durch seinen Ort mit seiner Geschichte auf.

Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben – sagt Jesus.

Es lässt sich bestimmt diskutieren, was Jesus genau meint und wie wir das umsetzen sollen. Aber klar ist: Wir haben als Christinnen und Christen in Jesus einen Maßstab. Wir können nachlesen was ER gesagt, wie ER gehandelt hat, was ER wollte. Und das gibt uns Orientierung. Nicht nur für unseren Glauben, sondern für unser ganzes Denken, Reden und Handeln.

Bewahrt unser Festhalten an Jesus davor, Fehler zu machen? Nein

Können wir in unseren Bemühungen scheitern? Ja natürlich.

Macht es uns zu besseren Menschen? Auf keinen Fall.

Doch genau hier werden eure persönlichen Konfirmationssprüche wichtig. Sie bestärken euch ganz persönlich darin, dass Gott euch in allem Bemühen begleitet und helfen wird. Und dass beides zusammengehört: der persönlichen Zuspruch Gottes und ein klares Bekenntnis unseres Glaubens.

So wünsche ich euch an diesem Tag heute, dass ihr das erfahrt, geschenkt bekommt, um was ihr ganz persönlich bittet, was ihr in euren Sprüchen erhofft. Und gleichzeitig wünsche ich euch, dass ihr und wir alle unseren Glauben nicht nur ganz persönlich und privat haben, sondern dass wir den Mut haben, für das einzutreten, was Jesus gesagt und vorgelebt hat.

Ihr habt es mit auf euren Weg bekommen, jetzt ist es an euch, das weiter zu tragen, denn ihr seid die Zukunft. Euch brauchen wir bei uns in der Kirche –von der ihr -wie es in dem Abendmahlsgottesdienst sehr eindrücklich geworden ist-, ein wichtiger Teil seid, das braucht unsere Gesellschaft, das braucht die Welt.  AMEN

Und Gottes Frieden, der höher ist, als sich begreifen lässt, bewahre uns in allem, stärke unsere Herzen und alle Sinne im Vertrauen und in der Verbundenheit mit Jesus Christus. AMEN

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